Grand Jorasses Überschreitung, 22.-23. August 2016
Die Überschreitung der Grand Jorasses ist einer der Grand Courses in der Mont Blanc Gruppe und dieses Jahr ist es endlich soweit: herrliches Wetter, perfekte Verhältnisse und mein Gast, der nun schon so viele Jahre auf diese Tour wartet, hat Zeit.
Hohe Ansprüche stellt diese Traversierung nahezu aller Gipfel zwischen Rochefort Grat und Pointe Walker. Allein schon der Zugang zum Canzio Biwak, „nur“ mit dem technischen Grad ZS bewertet, fordert während der 9 Stunden Gesamtzeit den Allroundalpinisten: Felspassagen wechseln mit schmalen Schneegraten, Firnhängen und Blankeis. Dennoch bleiben kurze Augenblicke, des Innehaltens und Genießens, bis man endlich die einfache Unterkunft erreicht und den restlichen Tag mit Schmelzen von Schnee und dem Bereiten einer einfachen Mahlzeit zubringt.
Nach einer mehr schlechten als rechten Nachtruhe -das Biwak war ob des guten Wetters etwas überbelegt- gehen wir die Überschreitung der 6 Gipfel der Grand Jorasses, die Pointes Young, Marguerite, Hélène, Croz, Whymper und Walker, an. Der Grat, der die einzelnen Gipfel verbindet, ist an Schönheit und Ausgesetztheit wohl kaum zu überbieten, mein Gast und ich sind begeistert. Aber exakte Führungsarbeit ist hier angesagt, denn es wechseln schwierige, gestaffelte Kletterabschnitte mit „Kurzseilgelände“ und unzähligen Abseilpassagen. Erst auf der Pointe Croz ist Zeit zum Durchatmen, bevor es über nun schon sehr aufgeweichten Schnee in Richtung Pointe Whymper und schlussendlich Walker geht.
Aber der Abstieg ist noch lang und teilweise nicht ganz ungefährlich. Die Grand Jorasses haben uns fest im Griff und lassen erst locker, als wir die Rochers de Reposoir hinter uns lassen und müde aber glücklich das Rifugio Boccalatte ansteuern – bisher eine meiner schönsten und anspruchvollsten Führungstouren.